Resilienz. Die Strategie der Stehauf- Menschen.

Autor: Monika Gruhl
Kurzbeschreibung von: Mag. a Fiorella Louisa Seppele

„Resilienz. Die Strategie der Stehauf-Menschen“ wurde 2014 veröffentlicht und umfasst 287 Seiten, es handelt sich dabei um eine erweiterte Neuausgabe von „Die Strategie der Steh-auf-Menschen. Resilienz- so nutzen Sie Ihre inneren Kräfte“ aus 2008. Die Autorin Monika Gruhl ist eine in Deutschland lebende Trainerin, Beraterin, Coach und Mediatorin und in ihrem selbst gegründeten Resilienzzentrum tätig, wo sie auch Ausbildungen anbietet.

Ich habe Monika Gruhls Buch bei einem spontanen Besuch in einer Buchhandlung entdeckt und habe mich sofort entschlossen es zu lesen. Ich kannte den Begriff „Resilienz“ aus einem anderen Kontext bzw. mit einem anderen Fokus: Hier bezog sich Resilienz ausschließlich darauf, dass man beispielsweise aus gewalttätigen Familienstrukturen aussteigen und sich aus diesem familiären Muster lösen kann. Beim Lesen des Buches ist mir dann schnell klar geworden, dass dieses Loslösen auch durch Resilienz geschehen kann, Resilienz als Kompetenz eines Menschen aber noch viel weiter geht.

Ebenfalls angesprochen fühlte ich mich von der Mischung aus Theorie und Praxis innerhalb des Buches. Immer wieder finden sich Ausschnitte, in denen die Autorin die Lesenden nach ihrer eigenen Erfahrung fragt und sie direkt auffordert eigene Stärken und Kompetenzen aufzuschreiben und somit Ressourcenarbeit zu leisten. Trotzdem habe ich während dem Lesen nicht den Eindruck gehabt ein Buch zur Selbsthilfe in den Händen zu halten, denn der Fokus liegt nicht darin, wie schlecht es den Lesenden gerade geht, sondern welche vielen Möglichkeiten das Leben einem bietet um bejahend damit umzugehen. Diese positive Grundeinstellung, auch zu Dingen im Leben, die im ersten Moment unangenehm sind, ist mir sofort aufgefallen und während dem Lesen auch hängengeblieben.

Das Buch besteht aus sechs Kapitel, Einleitung und Schlussgedanken:

1.        Resilienz als zentrale Kraft im Leben

2.        Die 3 Grundhaltungen

3.        Die 4 Fähigkeiten

4.        Resilienz als Prozess

5.        Wie starke Menschen mit Resilienz der Überforderungsfalle entkommen

6.        Das Leben meistern- Übungsfelder im Alltag

Bereits in der Einleitung wird der Ansatz von Monika Guhl klar, denn sie beginnt mit einem Zitat von Antoine de Saint Exupéry, das sinngemäß wiedergibt, dass das Leben aus Höhen und Tiefen besteht, die es zu einem Ganzen machen, das Verlangen nach reinen Höhenfahrten aus Perfektion sei ein naiver Gedanke. Dieses Zitat fand ich besonders schön, denn ich habe den Eindruck, dass wir uns in einer Zeit befinden, in der Probleme und Schwierigkeiten als etwas dargestellt werden, das nur die Schwachen betrifft. Wer erfolgreich und glücklich ist, muss sich niemals damit konfrontieren. Dass dies natürlich nicht zutrifft, muss erst erkannt werden und wird öffentlich selten thematisiert. Im weiteren Verlauf des Buches stellt Guhl immer wieder Gedankengänge und praktische Beispiele vor, wie eine betroffene Person zu mehr Resilienz gelangen kann.

Im ersten Kapitel werden Definitionen des Begriffes Resilienz vorgestellt, wörtlich bedeutet Resilienz Elastizität, Anpassungs- oder Widerstandsfähigkeit. Es ist die Fähigkeit Krisen mit der Hilfe von Ressourcen zu meistern und sich daraus persönlich weiterzuentwickeln (vgl. S. 15). Wer resilient ist, lebt also nicht ohne Probleme, sondem kann mit ihnen erfolgreich umgehen und lässt sich nicht von ihnen überwältigen bzw. verfügt über Ressourcen um wieder in die richtige Bahn zugelangen (vgl. S. 22). Als besonders wichtig gilt der Aspekt aus Problemsituationen oder Krisen gestärkt hervorzugehen. Probleme, Schwächen oder Schmerzen werden bewusst wahrgenommen und akzeptiert, durch eine positive Auseinandersetzung damit kann die Situation gestärkt bewältigt werden. Die Fähigkeit der Resilienz entstammt einer Mischung aus genetischer Anlage und Einflüssen aus der Umwelt, sie ist eine Fähigkeit, die steigerbar und lernbar ist.

Die drei Grundhaltungen, die Resilienz beinhaltet, werden im zweiten Kapitel vorgestellt. Es handelt sich dabei um Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung. Eine positive Weltsicht und ein positives Selbstbild lassen Probleme und Krisen in einem anderen Licht erscheinen. Die Überzeugung, dass die Welt ein positiver Ort ist und die eigene Person über Stärken und Kompetenzen verfügt, ermöglicht einen anderen Blick auf Probleme. Dies bedeutet nicht unkritisch zu sein und sich selbst für unfehlbar zu halten, sondern setzt uns in eine gesunde Relation mit anderen. Pessimismus schränkt unsere Entscheidungen ein, es scheint keinen Ausweg aus der problematischen Situation zu geben. Ein optimistischer Blick auf Probleme lässt zahlreichen, kreativen Lösungsmöglichkeiten Platz. Die zweite wichtige Grundhaltung ist Akzeptanz den verschiedenen Facetten des Lebens gegenüber. Mit Hilfe von Akzeptanz kann auch eine unangenehme Situation mit Geduld ausgehalten werden, wenn wir die Zuversicht haben, dass sich diese Situation weiterentwickeln wird und neue Optionen schafft. Akzeptanz müssen wir vor allem im Umgang mit unseren Mitmenschen lernen, denn es steht nicht in unserer Macht andere zu ändern oder für sie zu entscheiden. Wir haben also die Möglichkeit uns für Akzeptanz zu entscheiden oder uns an etwas Unveränderbaren zu stoßen. Als dritte Grundhaltung wird Selbstakzeptanz genannt. Sich selbst und seine Biographie so zu akzeptieren wie sie ist, ermöglicht es mit dem was uns zur Verfügung steht zu handeln. Als grundlegendes Element für Resilienz kann die Lösungsorientiertheit genannt werden, denn im Gegensatz zur Problemorientierung, bei der eine besonders genaue Analyse des Problems und die Betonung von Schwierigkeiten und Unmöglichkeiten fokussiert werden, stehen Lösungen, Ressourcen und kreative Optionen im Zentrum.

Monika Gruhl nennt vier Fähigkeiten, die resiliente Menschen besitzen, nämlich die Fähigkeit sich selbst zu regulieren, Verantwortung zu übernehmen, Beziehungen zu gestalten und Zukunft zu gestalten. Selbstregulation bezeichnet die bewusste Entscheidung nicht allen Impulsen und Gefühlen sofort nachzugeben, sondern zuerst zu hinterfragen. Damit können Gefühle reguliert werden und es kann vermieden werden, dass sie ungewollt auf alle Bereiche unseres Lebens Einfluss nehmen. Die Regulation ermöglicht es auch abzuschätzen, wie viel wir uns in Stresssituationen zumuten können und auch wann wir uns Zeit nehmen müssen um den Stress zu bewältigen und Tankstellen aufzusuchen. Wenn wir unsere Gefühlslage hinterfragen, können wir auch analysieren, ob wir sie stark von äußeren Faktoren abhängig machen. Um Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, können in ausweglos erscheinenden Situationen kreative Lösungen gesucht werden, wodurch die Opferrolle verlassen werden kann und eigenverantwortlich Entscheidungen getroffen werden. Verantwortung kann auch dort übernommen werden, wo sich oft Fragen der Schuldzuweisung stellen. Anstelle sich schuldig zu fühlen oder anderen Schuld zuzuweisen, kann die Verantwortung für die Situation übernommen werden und ein Handlungsspielraum für Problemlösungen gefunden werden. Soziale Beziehungen ermöglichen es uns mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen und uns auszutauschen, gute soziale Beziehungen dienen als Stützsysteme in schwierigen Lagen. Beziehungen gestalten sich unterschiedlich, sie haben verschiedene Ziele, Intensität etc. Wichtig ist, herauszufinden, welche Beziehungen uns mit einem guten Gefühl versetzen und diese als Ressourcen zu nutzen. Die Einsicht, dass wir sowohl Gegenwart als auch Zukunft bewusst gestalten können, eröffnet uns einen großen Handlungsspielraum, in dem wir herausfinden können, was wir wirklich wollen und welche Prioritäten wir haben. Wenn wir uns mit hypothetischen Ereignissen konfrontieren und uns eine „Was wäre wenn?“-Frage stellen, erweitern wir unseren Handlungsspielraum.

Das vierte Kapitel stellt klar, dass die von Gruhl genannten Fähigkeiten und Merkmale als Prozess zu verstehen sind, sie sind in einem fortlaufenden Wechselspiel, manche Situationen verlangen mehr oder weniger der einzelnen Fähigkeiten oder unterschiedliche Kombinationen. Nur einzelne Kompetenzen zu besitzen, führt nicht zu Resilienz, denn hierfür ist eine dynamische Balance wichtig.

Im fünften Kapitel betont die Autorin nochmals, dass wir in Belastungssituationen über mehrere Strategien verfügen sollten, denn eine Lösungsstrategie, die immer wieder über dieselben Ressourcen arbeitet, lässt diese auf kurz oder lang verebben. Darum ist es besonders für „starke“ Personen wichtig, zu hinterfragen, wie sie zu ihrer Stärke gelangen und weitere Kompetenzen zu fördern. Im weiteren Verlauf des Kapitels stellt Monika Gruhl sieben Strategien aus der Überforderungsfalle vor, die sich auf die drei Grundhaltungen und vier Fähigkeiten der Resilienz stützen. Diese stellt sie anhand von Beispielen dar und geht auf die zugrunde liegenden Gedankenmuster ein.

Im abschließenden sechsten Kapitel folgt die Autorin ebenfalls den drei Grundhaltungen und vier Fähigkeiten der Resilienz und überträgt sie in die Alltagspraxis der Lesenden. Anhand von Fragen und Aufforderungen, ermöglicht sie eine Auseinandersetzung mit den eigenen Glaubenssätzen, Weltanschauungen und Handlungsmustern. Zusammenfassend gesagt, arbeiten resiliente Menschen „(…) kreativ mit dem, was ihnen zur Verfügung steht, statt sich von dem beeinträchtigen zu lassen, was fehlt.“ (S. 255) Aus jeder Situation das Beste herauszuholen, mag abgedroschen klingen, beschreibt aber die Strategien gut: „Die Dinge sind nie so, wie sie sind. Sie sind immer das, was man aus ihnen macht.“ (S. 22, zitiert nach Jean Anouilh)

In den Schlussgedanken hält Monika Gruhl nochmals fest, dass die individuelle Entwicklung hin zu einem resilienten Menschen im Vordergrund steht und dass es sich um einen dynamischen Prozess handelt, der Zeit für seine Entwicklung und Anpassung benötigt.

„Resilienz. Die Strategie der Stehauf-Menschen“ hat mir sehr gut gefallen, ich konnte viele Dinge annehmen und auch mit Stolz auf Ressourcen blicken, die ich für mich nutze. Besondere Spuren hinterlässt bei mir die Einsicht, dass Schwarz-WeißDenken mich in meinen Handlungsmöglichkeiten beschränkt und mir eine kreative Sichtweise auf Probleme viel Handlungsspielraum ermöglicht. Schwierige Situationen bis ins letzte nicht-funktionierende Detail zu analysieren, bringt mich einer Lösung nicht näher und umso mehr erkannte ich während dem Lesen meine Fähigkeiten zu Improvisation als Ressource.

Für meine Rolle als Beraterin konnte ich viele Beispiele aus der Praxis mitnehmen, die vorgestellt wurden. Große Bedeutung hierfür hat meiner Ansicht nach das Einsetzen der Fantasiefrage in der Beratung, denn sie eröffnet großen Spielraum und bringt den_die Klient_in aus einer passiven in die aktive Handlungsrolle.

Ich empfehle dieses Buch gerne weiter, da es die Thematik auf entspannte und angenehme Weise vermittelt und eine positive Grundstimmung hinterlässt, die den Lesenden ihre Handlungsmöglichkeiten eröffnet.

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